Die antike Sportart Ringen wird weiterhin olympische Sportart bleiben. Das Internationale Olympische Komitee hat beschlossen, Ringen ins Programm der Olympischen Spiele 2020 und 2024 zu heben.
W.S. Nachdem das IOC-Komitee Ringen, zusammen mit der Leichtathletik, als älteste Traditionssportart im Februar zunächst aus dem Kreis der Kernsportarten geworfen hatte, folgte ein weltweiter Aufschrei der Entrüstung. In einer seltenen politischen Allianz setzten sich sogar Amerika, Iran und Russland für die Ringer ein. In New York fand ein Länderkampf zwischen den USA und Iran vor tausenden Zuschauern statt. Bekannte Persönlichkeiten aus Politik und Sport wie der russische Präsident Wladimir Putin, der einstige amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der selber Aktivringer war, oder Deutschlands „Fussball-Kaiser“ Franz Beckenbauer setzten ihren grossen Einfluss fürs Ringen ein. Dieser war scheinbar grösser als der des allzu reformfreudigen IOC-Boss Jaques Rogge. Dieser sah sich weltweiten Vorwürfen ausgesetzt, die jahrhunderalte Sportart Ringen der Kommerzialisierung geopfert zu haben. Ihm wurde vorgeschlagen, dass die Olympischen Spiele nicht mehr so heissen sollten, sondern in „Business Games“ umbenannt werden sollen. Bald einmal gab Rogge zu, dass dieser Entscheid zu wenig überlegt war. In 180 Nationen gibt es vier Millionen lizenzierte Ringer. Er musste auch erkennen, dass es kaum möglich ist, das olympische Programm gerecht und modern zu bestimmen. Schon zu Coubertins Zeiten, der 1896 den olympischen Gedanken wieder aufnahm, wurde darüber gestritten.
Dennoch hat die „Gelbe Karte“ bei den Ringern einiges bewirkt. Der Weltverband FILA mit dem gefeuerten Präsidenten Raphael Martinetti hatte seine Aufgaben in den letzten Jahren nicht gemacht und hielt nichts von olympischen Netzwerken. Dass Ringen weiterhin olympisch bleibt, ist einer bemerkenswerten weltweiten Rettungsaktion zu verdanken. Dass Ringer kämpfen können, ist bekannt, nun zeigten sie auch noch ihre Zähne.
In Rekordzeit wurde unter dem neuen Präsidenten, dem Serben Nenad Lalovic, ein drastisches Reformprogramm verordnet. Es wurde wie in anderen Sportarten eine Athleten-Kommission installiert, Führungspositionen erstmals an Frauen vergeben und das zu komplizierte Regelwerk geändert und damit wieder telegener gemacht, ohne dabei den Kern des Sports zu verwässern. So wird neu in zwei Runden zu drei Minuten gekämpft und Attraktivität wird wieder belohnt. Bei den Frauen gibt es künftig zwei Gewichtsklassen mehr – auf Kosten der Männer und ist damit dem Judo gleichgesetzt.
Mit dem Entscheid bleibt die älteste Kampfsportart wie die anderen Disziplinen auch 2020 und 2024 olympisch. Auf der Strecke blieben hingen Baseball/Softball und Squash. Ringen setzte sich im ersten ersten Wahlgang mit der absoluten Mehrheit durch. Erleichtert über diesen Entscheid zeigte sich Einsiedelns Trainer René Buchmann:“Obschon ich eigentlich zuversichtlich war, bin ich froh, dass für die Ringer der Motivationsfaktor Olympiade erhalten bleibt.“ Er selber kennt die Bedeutung des Ringens aus seinem einjährigen amerikanischen College-Aufenthalt. „Da es Schulfach war, machte ich mit diesem Sport erstmals so richtig Bekanntschaft.“ Die gross angekündigte Reformpolitik des zurückgetretenen IOC-Präsidenten Jacques Rogge ist damit gescheitert. Mit seinem Lieblingsprojekt, den Olympischen Jugendspielen, wollte er Verbände zum Experimentieren mit Disziplinen und Regeländerungen bringen. Bisher hat das aber kaum etwas gebracht. Als neue Sportarten wurden für 2016 in Rio de Janeiro Golf und Rugby aufgenommen. Sicher hätten auch noch andere Sportarten die Aufnahme verdient. Doch sie liessen sich für Rogge eben zu wenig gut vermarkten.
Da Ringen nicht im Zentrum der Berichterstattung und eines breiten Publikums steht, sollten sich die Verantwortlichen nie in einer falschen Sicherheit wiegen. Es geht letztlich darum, sich dauerhaft attraktiv und reformwillig zu zeigen, was allerdings auch auf andere Sportarten zutrifft.
Werner Schönbächler