Freiamt – Einsiedeln 17:23

Kampfrichter stürzt Ringerriege Einsiedeln ins Elend

Es war ein Spektakel, wie man es nur ganz selten erlebt. Und als alles vorbei war, hatten die Einsiedler eine äusserst turbulente Partie unglücklich mit 17:23 verloren. Für den Verlierer gab es am Schluss dennoch Standing ovations.

W.S. Mit der Ringerriege Einsiedeln hat er schon beides miterlebt: Erfolg und Enttäuschungen. Gemeint ist damit Einsiedelns Trainer René Buchmann. Diesmal war es für ihn wohl ein Match, von dem er, trotz der Niederlage, gerne spricht. Er forderte von ihm nämlich alles ab, war er an Leidenschaft für die diesen Sport mitbringt. Der Match gegen den amtierenden Meister war auch für den 50-jährigen Einsiedler Trainer eine neue Erfahrung.“ Solche Partien wie am Samstag“, sagte Buchmann, „habe ich in meiner Karriere noch nicht viele erlebt.“ Die beiden Teams lieferten sich einen Schlagabtausch ohne taktisches Geplänkel, ohne grossen defensiven Vorsichtsmassnahmen – und vor allem ohne Rücksicht auf die Nerven. Kurzum: Die 450 Zuschauer im Tollhaus Brüel sahen Abenteuer-Ringen ohne Komprisse. Trotz der viel diskutierten Kampfrichterentscheide gab es am Sieg von Freiamt am Schluss nichts mehr zu rütteln. Schade!

Neyers umstrittene Niederlage

In der Tat: Die Begegnung war geprägt von einem steten Auf und Ab. Patrick Dähler startete fulminant und holte gleich eine Viererwertung. Ein von ihm rasant angesetzter Hüfter konnte Reto Bürgisser kontern und zu seinen Gunsten auswerten. Auch Michael Hess tat sich schwer, in den Kampf zu kommen. Dennoch verstand er die Niederlage mit 3:15 gegen Yanick Klausner in Grenzen zu halten. Noch in der Vorrunde wurde er ausgepunktet. Einen schweren Stand hatte Dany Kälin zu Beginn gegen Joel Meier. Kaum in Führung liegend wurde Kälin von seinem Kontrahenten gefährlich gekontert. Durch diese Aktion so richtig wach gerüttelt, übernahm Kälin das Szepter und kam zu einem vielbejubelten Schultersieg. Dann kam für Einsiedeln der verhängnisvolle Kampf von Sven Neyer bis 97 kg Greco. Obschon 2:0 in Führung liegend wurde er vom Unparteiischen, wegen angeblicher Passivität, verwarnt und mit einem Punkteabzug bestraft. Das war nicht korrekt und löste ein gellendes Pfeifkonzert aus. Der Ringrichter hat den 4:3-Sieg Manuel Stierli vor die Haustüre gelegt. Neyer muss sich allerdings vorwerfen lassen, einfach zu wenig riskiert zu haben. Im Greco bis 61 Kilo lieferten sich Michel Schönbächler und Randy Vock ein Duell auf Augenhöhe. Es war vorerst Michel Schönbächler, der Greco-Ringen vom Allerfeinsten demonstrierte und in Führung ging. Einen Angriff von Schönbächler konterte Vock blitzschnell und kam zu einem Schultersieg. Doch waren hier die Beine des Aargauers im Spiel, was im Greco nicht erlaubt wäre. Nach fünf Durchgängen lag Einsiedeln entgegen dem Matchverlauf mit 13:6 zurück. Während der Pause lieferten die umstrittenen Kampfrichterentscheide zuungunsten der Einheimischen viel Gesprächsstoff und Kopfschütteln.

Tolles Comeback für Neyer

Der unglücklich verlaufene Start hat bei den Einsiedlern eine „Erst-Jetzt-Reaktion“ ausgelöst. Dennoch: Was folgte, glich mehr einem Thriller denn einem Roman. Das Duell von Jürg Betschart, der für Andreas Burkard (Sprachaufenthalt) auf die Matte zurückkehrte, und Roman Zurfluh, der einer bekannten Urner Schwingerdynastie entstammt, war eine einseitige Angelegenheit. Betschart wurde von seinem Widersacher ausgepunktet, holte aber immerhin einen Punkt. Dass Jan Neyer gegen Michi Bucher einen schweren Stand haben dürfte, war klar. Doch dass er bei der knappen 8:4-Niederlage einen Zähler für sein Team ins Trockene bringen würde, war nicht einkalkuliert. Bruno Flück bekam mit Pascal Stebel, dem Olympiateilnehmer von 2012, eine hohe Hürde vorgesetzt. Obschon Strebel insgesamt die feinere Klinge führte, holte Flück, der bis zum letzten fightete, einen Punkt, was ein Achtungserfolg gegen diesen repurtierten Gegner ist. Beim Stande von 23:9 begann sich für Einsiedeln ein Debakel abzuzeichen. Doch der Freiämtler-Express entgleiste kurz vor dem Ziel. Mit herrlichen Angriffen brachte Lukas Schönbächler den Internationelen Jayan Göcmen in Bedrängnis. Nach weiteren tollen Angriffen kam er zu einem Schultersieg. Und es kam noch besser. Damit gelang ihm die Revanche für die Vorrundenniederlage. Yves Neyer gab nach seiner Verletzung ein gelungenes Comeback. Obschon er die Kastanien für sein Team nicht mehr aus dem Feuer holen konnte, bezwang er Thomas Murer technisch überhöht.

Yves Neyer
Yves Neyer

In Sachen Spannung vermochte der Finish mit dem Triologie-Klassiker des letzten Jahrhunderts „The Lord oft he Rings“ durchaus mitzuhalten. Doch während sich die Geschichte des Films in der Fantasiewelt abspielt, bleibt das Vorhaben für Einsiedeln absolute Realität:“Es ist ganz klar unser Ziel, in der NLA zu bleiben“, sagte René Buchmann. Natürlich war ihm nicht entgangen, dass sich phasenweise ringerische Tiefen auftaten, die manchmal erschreckten. Am Ende gab es die bittere Erkenntnis, dass diese Unzulänglichkeiten den in Reichweite liegenden Sieg verhinderten. Und etwas Weiteres steht fest: Die Ringerriege Einsiedeln wird sich anstrengen müssen, wenn das Team getreu dem Film-Klassiker den Ligaerhalt schaffen möchte. Doch dazu bedarf es vieler harter Trainingseinheiten.

Viele Zuschauer, die noch immer den Kopf ob der Kampfrichterurteile schüttelten, verabschiedeten das Team schliesslich mit Standing ovations. Ein Zeichen, wie sehr sie Kampfgeist und Siegeswillen schätzen ….. und wie schnell diese Ringerriege die Fans auf seine Seite bringen kann, was den Ringern Selbstvertrauen geben sollte.

Resultatübersicht:

57 kg: Patrick Dähler – Reto Bürgisser 0:4

61 kg: Dany Kälin – Joel Meier 4:0

65 kg: Michel Schönbächler – Randy Vock 0:4

70 kg: Jan Neyer – Michi Bucher 1:2

74 kg: Yves Neyer – Thomas Murer 4:0

74 kg: Lukas Schönbächler – Jayan Göcmen 4:0

80 kg: Bruno Flück – Pascal Strebel 1:4

86 kg: Jürg Betschart – Roman Zurfluh 1:4

97 kg: Sven Neyer – Manuel Stierli 1:2

130 kg: Michael Hess – Yanick Klausner 1:3

Einsiedeln – Freiamt 17:23

Hergiswil – Kriessern 15:23

Willisau – Schattdorf 23:6

Tabelle:

1. Kriessern 12 P.

2. Hergiswil 6 P.

3. Willisau 6 P.

4. Feiamt 6 P.

5. Schattdorf 4 P.

6. Einsiedeln 2 P.

Auswärts gegen Schattdorf

W.S. Am nächsten Samstag gastiert Einsiedeln beim diesjährigen Überraschungsteam Schattdorf. Die Urner haben nicht zuletzt dank geschickten Verstärkungen einen grossen Schritt nach vorne getan und können mit den Top-Mannschaften mithalten. Nach dem Vorrundensieg sind die Gastgeber zu favorisieren. Doch die Einsiedler werden es Urnern nicht einfach machen.

Werner Schönbächler