Ist die Ringerriege Einsiedeln reif für den nächsten Schritt?
Die Ringerriege Einsiedeln fordert im ersten Halbfinal-Duell vor eigenem Publikum Rekordmeister Willisau heraus. Was die Sache besonders brisant macht: Einsiedeln konnte in der Qualifikation Willisau zweimal besiegen.
W.S. Die Welt ist für die Ringerriege Einsiedeln derzeit eine Ponyranch. Sie erreichte mit zehn Punkten in der Qualifikation die Playoffs. Aber jetzt in den Halbfinals ist ungewiss, ob diese Herrlichkeit anhält. Da kann es jedes der vier Teams schon in den beiden ersten Begegnungen erwischen. Einige Teams haben für die Playoffs nachgerüstet. So etwa die Willisauer, der nächste Gegner von Einsiedeln. Mit Andreas Vetsch haben sie einen starken Greco-Ringer verpflichtet. Gespannt darf man auf Einsiedler Seite auf das weitere Abschneiden des Russen Saifulla Avtorkhanov sein.
Die Erfahrung lehrt selbst Ringerkenner, dass die Klassierungen in der Qualifikation noch keine Favoritenrolle in den Playoffs machen. Da gibt es genügend Beispiele aus anderen Sportarten. So kommt es immer wieder vor, dass favorisierte Teams schon früh aus dieser berüchtigten Serie gekippt werden. Das kann auch jetzt wieder passieren. Oder? Schön wäre es, wenn dies Einsiedeln als Underdog gegen Willisau, den Krösus der Liga, gelingen würde. Einsiedeln ist noch nicht ein absolutes Spitzenteam, aber verstand es ausgezeichnet, den Grossen immer wieder unangenehme «Nadelstiche» zu versetzen. Nun wäre eigentlich für Einsiedeln der nächste Schritt fällig: «Nachladen» nach der Qualifikation, die erste Playoffrunde überstehen und in den Final einziehen. Doch so einfach ist das nicht. Da Willisau unbedingt Meister werden will, ist bei Einsiedeln ein neues Denken notwendig. Bei dieser Entwicklung eines neuen Selbstverständnisses spielt Trainer Urs Bürgler eine wichtige Rolle. Fleiss. Demut. Arbeit. So lautet das einfache magische Dreieck von ihm. Er weiss als zweifacher Olympiateilnehmer und Spitzenschwinger, dass den meisten im Sport nichts in den Schoss fällt. Er selber war ein Arbeitstalent und fordert auch von seinen Ringern eiserne Disziplin. Er ist als Trainer extrem fokussiert und engagiert.
Nimmt man die Qualifikation zum Massstab, hat Einsiedeln die Erwartungen bisher ohne Wenn und Aber erfüllt. Beleg dafür ist der vierte Rang. Damit sind die Einsiedler gleich wie letztes Jahr klassiert, aber mit sechs Punkten mehr auf ihrem Konto. Es war sicher keine perfekte Qualifikation. Hochs und Tiefs wechselten sich beinahe wie die Fahrt auf einer Achterbahn ab. Einsiedeln hat deshalb nicht umsonst den Ruf einer «Wundertüte».
Chancen für Sieg?
Eine gute Nachricht für Einsiedeln ist, dass wohl alle Ringer zur Verfügung stehen. Urs Bürgler muss nun entscheiden, in welcher Zusammensetzung seine Mannschaft am besten funktioniert. Auch er weiss: Von den beiden Siegen in der Qualifikation kann Einsiedeln rein gar nichts kaufen. Abgerechnet wird bekanntlich in den Playoffs. Die grosse Frage lautet, ob Einsiedeln reif für einen Sieg ist. Man könnte es etwas zugespitzt formulieren: Kann Einsiedeln das in der Breite besser aufgestellte Willisau schlagen. «In den Playoffs entscheiden oft Details über Sieg oder Niederlage. Erfolg ist hier von vielen Faktoren abhängig», führt Bürgler ins Feld. Auf Wettkampfglück ist ein Faktor. Weiter spielen auch die Leidensfähigkeit und die grösseren Energiereserven eine ganz andere Rolle als im Alltag der Qualifkation. Das ist nämlich eine ganz andere Welt.
Einsiedeln hat eigentlich eine gute Mischung aus ringerischer Klasse, starken Ringerpersönlichkeiten und einer guten Stimmung. Wer dem Titel einen Schritt näherkommt, wird sich zeigen. Schön wäre es, wenn das Leben für die Einsiedler Ringer weiter eine Ponyranch bleibt.
Hoffnung auf Unterstützung
Die Zuschauer können diesen Halbfinal am Samstagabend zu einem Erlebnis machen. So hoffen die Verantwortlichen auf ein ausverkauftes «Haus» mit einer eindrucksvollen Atmosphäre. Nicht zuletzt die Ringer zählen auf eine kräftige Unterstützung durch das Publikum. «Es soll in diesem Match neben den zehn Ringern der elfte Mann sein», hofft Präsident Ruedi Beeler. Die Begegnung soll für die Gäste aus Willisau zu einer besonderen Herausforderung werden. Die Zuschauer sollen die letzten Prozente aus den Ringern herausholen. Sie sind die Motivationsspritze, die bei brenzligen Situationen zwischen Sieg oder Niederlage entscheiden kann.
Werner Schönbächler