Swiss Winforce League: Einsiedeln – Freiamt 12:24

Einsiedeln verlor zwar zum Auftakt gegen Titelanwärter Freiamt, hinterliess dabei aber einen soliden Eindruck. Der grosse Aufwand für die organisatorische Umsetzung des Schutzkonzepts hat sich gelohnt.

W.S. Es war ein freudiges Ereignis, das Zurück in den Wettkampf für die Ringer. Wegen der Corona-Pandemie war es für die meisten Athleten der erste Wettkampf nach einem neunmonatigen Unterbruch. Neben den Kämpfen sorgten die besonderen Umstände für einigen Diskussionsstoff: So das Coronakonzept, dank dem die Mannschaftsmeisterschaft überhaupt möglich wurde. Man spürte, dass sich viele Sportfans eine allmähliche Rückkehr zur Normalität wünschen. Natürlich gibt es immer Bedenkenträger, aber wo gibt es schon eine Gewissheit in diesen Tagen. Wir müssen lernen, wie man mit Corona leben kann. Diese Erkenntnisse erhält man nicht, wenn man weiter im Réduit verharrt. Viele Zuschauer verstanden dies und hielten sich vorzüglich an die Schutzmassnahmen.  Nur, die Stimmung war beim Anpfiff, eher in gedämpfter Dimension anzusiedeln. Einsiedeln musste mit den beiden kurzfristig verletzten Lars Neyer und Sascha Schmid einen Dämpfer hinnehmen.  Dennoch wurde es trotz des Tragens der Schutzmaske immer euphorischer unter den rund 300 Zuschauern. Das Aufstellen der grossen Tribüne ermöglichte genügend Platz.  Es entwickelte sich bald einmal eine Begegnung mit rassigen Kämpfen und sehenswertem Ringsport.

Vielversprechender Beginn

Beim Auftaktkampf operierten Dany Kälin, der seit Februar in Freiburg wohnt und bei Sense trainiert, und Flurin Meier anfangs auf Augenhöhe. Nachdem Meier mit 2:0 in Führung ging, diktierte Kälin das Geschehen und drängte seinen Widersacher immer mehr in die Defensive. Nach einer kampfbetonten Begegnung behielt er am Ende mit 7:2 das bessere Ende. Bis 130 Kilogramm kam der Zweimeter-Hüne Boris Illenseer mit Roman Zurfluh nach einem verhaltenen Beginn immer besser zurecht. Dabei hatte Zurfluh wenige Sekunden vor Schluss das nötige Glück, als der Kampfrichter eine missglückte Aktion des Einsiedlers zugunsten von ihm wertete. Beim Stand von 3:3 ging der Punktesieg an Zurfluh, weil er die letzte Wertung holte.  Das war ein Fehlentscheid des sonst sicher agierenden Unparteiischen. Nach diesem Auftakt lagen die Einheimischen mit 4:3 vorne. Kein leichtes Spiel hatte Sven Neyer gegen Magomed Ayskhanov.  Fantastische Griffaktionen brachten dem einstigen russischen Profi nach fünf Minuten einen technisch überhöhten Sieg ein. Doch Neyer forderte seinem Kontrahenten mit seinem Kampfgeist alles ab. Dieser musste höllisch aufpassen, keine technische Wertungen abzugeben.  Greco-Spezialist Michel Schönbächler, der kurzfristig Lars Neyer ersetzen musste, holte bei seiner 11:1-Niederlage gegen Nino Leutert den angestrebten Mannschaftspunkt.  Bei Halbzeit führte Freiamt mit 12:6. Die Einheimischen vermochten mit dem Favoriten besser mitzuhalten, als es das Resultat widerspiegelt.

Freiamts Abgeklärtheit

Doch der Gegner überliess nichts mehr dem Zufall und ging äusserst konzentriert ans Werk. Pech hatte dann Mathias Käser: Er wurde von Christian Zemp nach wenigen Sekunden mit einem klassischen Armfallzug erwischt.  In der Halle, wo nur die Wettkampffläche beleuchtet wird, wurde es im Sektor des Heimpublikums etwas stiller. Nach Jan Neyers knapper 3:4-Niederlage gegen Michael Bucher war die Entscheidung gefallen. Nichts anbrennen liess der glänzend disponierte Andreas Burkard in der Klasse bis 79 Kilogramm Freistil. Er überliess nichts dem Zufall, kämpfte mit dosiertem Risiko und erhöhte die Gangart mit zunehmender Dauer.  In der zweiten Runde gelang es ihm, Kimi Käppeli zu schultern.  Gespannt war man allenthalben auf das Comeback von Yves Neyer. Nachdem er wegen mehrerer Knieoperationen in den letzten zwei Jahren keinen Kampf mehr bestreiten konnte, wurde ihm mit dem EM-Dritten Randy Vock ein starker Gradmesser vorgesetzt. Die Zuschauer bekamen Ringen vom Allerfeinsten zu sehen. Da brauchte keiner mehr «Tatort» im TV zu schauen.  Beide gingen volles Risiko ein und lieferten sich einen erbitterten Abnützungskampf. Wenige Sekunden vor Schluss verwandelte Vock den 2:4 Rückstand noch in einen 8:6-Sieg. Trotz dieser Niederlage darf die Rückkehr von Neyer als gelungen bezeichnet werden. Freistiler Adrian Mazan, der sich für die Mannschaft hergab und im Greco antrat, blieb gegen den einstigen Olympiateilnehmer Pascal Strebel chancenlos. Das Freiämtler Greco-Ass kam nach drei Verwarnungen zu einem undiskutablen Sieg. Das Experiment, Mazan im Greco einzusetzen, ging daneben. Einsiedelns Trainer Urs Bürgler anerkannte den starken Auftritt von Freiamt neidlos: «Sie waren heute die bessere und ausgeglichnere Mannschaft. Freiamt blieb bis zum Schluss ruhig und fokussiert.» Das waren wohl die Gründe, weshalb die Aargauer schliesslich mit geschwellter Brust die Sporthalle verlassen konnten. Einsiedeln kämpfte solide und mit viel Leidenschaft. Damit war der Gegner aber nicht vom Hals zu schaffen. In der Gesamtbeurteilung hat Einsiedeln trotz der letztlich deutlichen Niederlage phasenweise gut gefallen. Es gab einige Kämpfe mit Pfeffer und Salz, was bei den Zuschauern bestens ankam.  

Resultatübersicht:

57 kg:       Dany Kälin – Flurin Meier 3:1

61 kg:       Kay Neyer – Nils Leutert 1:2

65 kg:       Michel Schönbächler – Nino Leutert 1:3

70 kg:       Jan Neyer – Michael Bucher 1:2

74 kg:       Yves Neyer – Randy Vock 1:2

74 kg:       Adrian Mazan – Pascal Strebel 0:4

79 kg:       Andreas Burkard –  Kimi Käppeli 4:0

85 kg:       Mathias Käser – Christian Zemp 0:4

97 kg:       Sven Neyer – Magomed Ayskhanov 0:4

130 kg:     Boris Illenseer – Roman Zurfluh 1:2

Einsiedeln – Freiamt 12 : 24

Kriessern -Willisau 15:19

Nun geht’s nach Willisau

Bereits am nächsten Samstagabend müssen sich die Einsiedler Ringer gegen den zweiten Meisterschaftsfavoriten Willisau messen. Der letztjährige Meister startete mit einem verhaltenen Auswärtssieg gegen Kriessern und wird gegen Einsiedeln vor eigenem Publikum keine Geschenke zulassen. Dass es auch in die andere Richtung gehen kann, haben die Einsiedler in Willisau schon bewiesen. Doch dazu muss aber alles rundlaufen und einzelne Ringer müssen über sich hinauswachsen. Mehr Einzelheiten können der Freitagsausgabe entnommen werden.

Werner Schönbächler