Seit längerer Zeit trainieren vier Schweizer Ringer unter professionellen Bedingungen und werden dabei hart gefordert. Für Stone Perlungher (Einsiedeln) und Noah Schwaller (Sense) beginnen diese Woche die Europameisterschaften im freien Stil.
W.S. In den Trainingslokalen in Einsiedeln und Tuggen finden unter der Aufsicht von Urs Bürgler und Afis Dzavadov, ehemaliger UDSSR-Meister, unzählige kräftezehrende Kämpfe auf der Matte, Kraft- und Ausdauereinheiten statt. Um die Grenzen der körperlichen und mentalen Belastbarkeit der Athleten auszuloten, geschieht dies seit vier Monaten unter einem grossen Aufwand der Staff-Mitglieder. «Fordern und Fördern» steht in einem Wechselspiel mit Erholung, Pflege und Regeneration. «Daneben gibt es immer wieder Trainingseinheiten in denen Kampftechnik und Wettkampftaktik in den Vordergrund gestellt werden», erklärt Einsiedelns Trainer Urs Bürgler, der selber an zwei Olympischen Spielen teilgenommen hat. Den Vorwurf, in der Vorbereitung nicht alles gegeben zu haben, werden sich am Ende weder Trainer und Betreuer und wohl am allerwenigsten die Sportler gefallen lassen müssen. Da stellen sich Aussenstehende schon mal die Frage, ob sich dieser Aufwand lohnt. Es ist bekannt, dass es im Kampfsport oft eine Prognose gibt, aber niemals eine Garantie auf einen Sieg. Doch gerade das ist es, was alle aufs Neue verzweifeln lässt und doch immer wieder fasziniert.
Verdiente Selektionen
Stone Perlungher hat in diesem Frühjahr an internationalen Turnieren für Topresultate gesorgt. So gewann er ein Juniorenturnier der höchsten Kategorie. Für den 18-Jährigen ist deshalb die Zielsetzung für seine ersten Europa-Titelkämpfe klar: «Ich möchte möglichst lange dabei sein.» Dass er in seiner Alterskategorie auf höchstem Niveau mithalten kann, hat er bewiesen. In Novi Sad sind in seiner Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm namhafte Gegner aus ganz Europa am Start. An Konkurrenz mangelt es sicher nicht. Sein zwei Jahre älterer Bruder River hat die Qualifikation knapp nicht geschafft. Dennoch macht er die Trainingseinheiten mit. Das Brüderduo hat mehrere Jahre in Amerika gelebt und dort das Ringen bereits mit viel Begeisterung betrieben. Ihr Vater Rafael Perlungher begann ebenfalls mit Ringen und hat verschiedene Kampfsportarten wie Judo, Jiu Jitsu und Boxen ausgeübt. Zuletzt nahm er mit Erfolg an «Mixed Martial Arts» (MMA)- Turnieren in Amerika teil. Seine Leidenschaft hat er seinen Söhnen weitergegeben.
Der Freiburger Noah Schwaller vom Ringclub Sense, der seit acht Wochen ebenfalls zur Trainingsgruppe zählt, qualifzierte sich mit vorderen Klassierungen für Novi Sad. Auch er hofft, dass er im Gewicht bis 86 Kilogramm möglichst lange im Wettkampf bleiben kann. Der willensstarke Athlet hat ebenfalls Ringer-Gene. Sein Vater Andreas Schwaller war zu den Glanzzeiten von Sense eine starke Mannschaftsstütze.
Erfreulicherweise beteiligt sich auch Gino Gugolz, der ebenfalls dem Junioren-Kader angehört, am Trainingsprogramm. Um die Einheiten auf der Matte intensiv und abwechslungsreich zu machen, wurden auch Sparringpartner aus Polen, Bulgarien, den USA und Kasachstan eingeladen. Derzeit ist es der Yankee Zyan Banks, der mit den Perlunghers das College besuchte. Die beiden EM-Teilnehmer waren froh, andere Trainingspartner zu haben, was für Abwechslung sorgte. Es ist erfreulich, dass die Ringer für ihren Einsatz in Novi Sad einen derart grossen Mehraufwand in der Vorbereitung leisteten.
Für Stone Perlungher und Noah Schwaller geht es über das nächste Wochenende auf der Matte los. Dabei werden sie auch von Ringerfreunden aus der Schweiz unterstützt.
Werner Schönbächler