Playoff-Halbfinal: Einsiedeln – Freiamt 8:27

Die Ringerriege Einsiedeln musste gegen ein klar besseres Freiamt eine bittere 8:27-Niederlage einstecken. Die Einsiedler Ringer gerieten bald einmal in eine Negativspirale und konnten sich nicht mehr aufrichten.  

W.S. Nachdem Bund und Kanton wegen des Coronavirus strengere Massnahmen angekündigt haben, steht die Weiterführung der Playoffs wohl auf der Kippe. Möglicherweise waren die Partien vom letzten Samstagabend die letzten in der ohnehin schon stark verkürzten Ringersaison 2020. Die Ringerriege Einsiedeln musste bereits vor dem Match gegen Freiamt das Schutzkonzept den verschärften Massnahmen anpassen, was zu einem grossen organisatorischen Mehraufwand führte. Es waren nicht mehr als 100 Zuschauer statt wies bisher 300 pro Sektor zugelassen. Wegen der Hallengrösse konnten nur 300 Personen anwesend sein. In den letzten drei Jahren war es in den Playoffs das Doppelte. Obschon viele Leute derzeit verunsichert sind und es vorziehen, nicht unter die Leute zu gehen, waren die Sitzplätze bald einmal besetzt.

Schwacher  Beginn

In der in der Sporthalle umgebauten Arena herrschte bald einmal eine aufgeheizte, brodelnde, gelegentlich gereizte, aber insgesamt faire Atmosphäre. Die Fans beider Teams brüllten ihre rackernden Athleten unentwegt nach vorne. Im 57 Kilo Freistil führte Kaderringer Lils Leutert gegen den einstigen ukrainischen Weltklasseringer Alexander Golin auf Einsiedler Seite von Beginn weg die feinere Klinge. Der körperlich sichtlich überlegene Gast holte einen 13:3-Sieg. Im Schwergewicht zwischen Sven Neyer und Roman Zurfluh kam es zum erwartet knappen Duell. Neyer lag nach der ersten Runde 1:0 vorne. In den nächsten drei Minuten gelang Zurfluh gleich anfangs eine Viererwertung. Er konnte sich damit aufs Kontern beschränken. Neyer musste alles riskieren und entging nach einem Konter nur knapp einer Niederlage.   Am Ende unterlag er knapp mit 6:4. Kay Neyer musste gegen Nils Leutert bös unten durch und bezog mit einer technisch überhöhten Niederlage die Höchststrafe. Andreas Burkard, der aus taktischen Gründen in einem höheren Gewicht als üblich antrat, musste gegen den Russen Magomed Ayskhanov ran, der zu den besten der «Freistil-Zunft» unseres Landes zählt. An russischen Meisterschaften stand er mehrmals auf dem Podest. Burkard wurde technisch überhöht bezwungen, konnte aber über weite Strecken erstaunlich gut mithalten. Lars Neyer bekam es mit Michael Bucher, der einige Kilos «abkochen musste, zu tun. Bucher ging sofort in den Angriff über und hatte bis zur vierten Minute das Geschehen fest in seinen Händen. Erst gegen Schluss hin konnte sich Neyer steigern, die 9:4-Niederlage aber nicht mehr abwenden.  Zur Pause lag Freiamt mit 3:16 in Führung, womit die Würfel bereits gefallen waren.

Freiamt steigerte sich in einen Rausch

Einsiedeln begann zu Beginn der zweiten Halbzeit weiter den Druck zu spüren. Sascha Schmid konnte gegen den favorisierten Kaderringer Christian Zemp nicht mithalten und kam gar nicht dazu, seine Techniken anzuwenden. Einmal in der Bodenlage wurde er vom entfesselten Kontrahenten mit wirkungsvollen Durchdrehern nach zwei Minuten  technisch überhöht besiegt.  Jan Neyer bot dem einstigen Olympiaringer  Pascal Strebel zwar harten Widerstand, brachte aber dennoch keine Wertung zustande. Mit seinem 7:0-Sieg stellte Strebel seine nach wie grosse  grosse Klasse unter Beweis. Yves Neyer bewies einmal mehr sein ringerisches Feingefühl. Doch musste er gegen den körperlich klar überlegenen Marc Weber sein ganzes Können aufbieten. Nach der ersten Runde führte er mit 5:0, worauf sein Kontrahent bedrohlich nahe kam. Unter den Anfeuerungsrufen des Publikums rettete Neyer einen  11:7-Sieg ins Ziel. 

Wer das letzte Duell zwischen Adrian Mazan und Randy Vock gesehen hatte, durfte sich auf etwas gefasst machen. Die beiden gingen bis an ihre Leistungsgrenze und bearbeiteten sich nach allen Regeln der Ringerkunst. Mazan lag mit 4:0 zurück, mobbilisierte gegen Ende noch einmal all seine Kraftreserven, unterlag aber dennoch mit 5:1.

Zum Abschluss war man gespannt auf das Duell zwischen Einsiedelns deutschem Bundesligaringer Andy Rebholz und dem unverwüstlichen Russen Andrey Maltsev. Der deutsche Mittelgewichter kam wegen einer Verletzung zu seinem ersten Kampf. Rebholz führte gegen seinen passiven Kontrahenten nach drei Minuten mit 1:0. Er marschierte weiter vorwärts und holte einen 3:1-Sieg.  

Wie ein Hurrican

Trotz der deutlichen Niederlage bekamen die 300 mitgehenden Zuschauer insgesamt guten Ringsport zu sehen. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass Playoff-Kämpfe gnadenlos sein können. Nie ist Ringen unberechenbarer, nie zählt die Statistik weniger, nie sind Prognosen schwieriger. Dazu passt zu Einsiedelns hoher Niederlage. Nach in Rückrunde der Qualifkation hatte Einsiedeln gegen den gleichen Gegner gewonnen. Es gibt trotz der krachenden Niederlage Nachsicht mit den Einsiedlern zu üben. Sie haben gegen Kaderringer und Halbprofis des Gegners bis zuletzt gefightet, was auch Einsiedelns Trainer Urs Bürgler so sah: «Wir waren gegen Freiamt ein klar unterlegener Gegner, da gibt es gar nichts zu rütteln. Nachdem zu Beginn alles daneben ging, konnte wir nicht mehr reagieren.» In der Tat: Freiamt ist wie ein Hurrikan über Einsiedeln hergezogen. Eine unheimliche Wucht aus Härte und Tempo. Eine Einzelkritik beim Verlierer ist überflüssig. Einsieden hat einen kollektiven Zusammenbruch, einen Systemausfall erlitten. Solche Geschichten kommen eben in den Playoffs vor.

Resultatübersicht:

57 kg:  Alexander Golin – Nils Leutert 1:3

61 kg:  Kay Neyer – Nino Leutert 0:4

65 kg:  Lars Neyer – Michael Bucher 1:3

70 kg:  Jan Neyer – Pascal Strebel 0:3

75 kg:   Adrian Mazan – Randy Vock 1:2

75 kg:  Andy Rebholz – Andrey Maltsev 2:1

80 kg:  Yves Neyer – Marc Weber 2:1

86 kg:  Sascha Schmid – Christian Zemp 0:4

97 kg:  Andreas Burkard – Magomed Ayskhanov 0:4

130 kg: Sven Neyer – Roman Zurfluh 1:2

Einsiedeln – Freiamt 18 :17

Kriessern – Willisau 15:21

Rückkampf in Merenschwand

Am nächsten Wochenende kommt es zwischen den beiden Teams in Merenschwand zum Wiedersehen, sofern die Coronapandemie in den nächsten Tagen nicht einen Schlussstrich unter die Mannschaftsmeisterschaft zieht. Sollte es weitergehen, wird sich Einsiedeln aufgrund der aussichtslosen Lage wohl auf die beiden nächsten Duelle gegen Kriessern ausrichten und einiger Ringer schonen. Nachdem die Finalrunde des Winforce Cups der ersten Liga am Sonntag in Bern wegen der aktuellen Lage abgesagt werden musste, könnte es durchaus sein, dass Ringer der zweiten Mannschaft eingesetzt werden, da das Resultat ohnehin keine Rolle mehr spielt.

Werner Schönbächler