Yves Neyer hat den Rücktritt auf internationaler Ebene erklärt. Obschon er sich nach mehreren Verletzungen immer wieder zurückkämpfte, zog er nun einen Schlussstrich.
W.S. «Nach einigen Jahren mit sportlichen Höhen und Tiefen habe ich mich entschieden, den Rücktritt aus dem Freistil-Nationalkader zu geben. Ich durfte für eine kurze Zeit das Schweizer Nationalteam vertreten, wofür ich dankbar bin», vermerkte Yves Neyer in seinem Rücktrittsschreiben.
Der 29-jährige Trachslauer wurde 2014 dank seiner starken Leistungen auf nationaler Ebene in die Nationalmannschaft aufgenommen. Von diesem Moment an stand für ihn ganz das Ringen im Mittelpunkt seines Lebens. Mit seinem guten Ringergefühl und seiner ausgezeichneten Technik klassierte er sich bei seinem ersten internationalen Turnier bei den Aktiven in Kuba 2015 als Elfter inmitten der Weltelite. Bei anderen Wettkämpfen deutete er an, dass er noch viel Luft nach oben hat. So klassierte er sich ein Jahr später am Grossen Preis von Baden-Württemberg bei starker Besetzung auf dem zweiten Platz. Als Achter am Grand-Prix von Paris schaffte er die Qualifikation für die Europameisterschaften, wo er den 17. Rang erreichte.
Viele Verletzungen
Er wollte mehr und hat in den Jahren 2017/18 den Leistungssport als Halbprofi betrieben, was dank der Unterstützung von privaten Gönnern möglich war. Der willensstarke Athlet war auf dem besten Weg sich in der Weltspitze zu etablieren. Das erkannten die Verbandsverantwortlichen und nahmen ihn in den exklusiven Kreis der Olympiaanwärter auf. Kurz vor den Europameisterschaften 2017 erlitt er zum dümmsten Zeitpunkt einen Fussbruch und musste die Saison vorzeitig abbrechen. Erst zu Beginn der Mannschaftsmeisterschaft kehrte er wieder auf die Matte zurück. Doch das Verletzungspech blieb weiter an ihm haften. «Ich erlebte ein Déjà-vu und zog einen Kreuzbandriss zu», erinnert er sich nur ungern. Nach einer anfänglich konservativen Behandlung war eine Operation unumgänglich. Der Ausfall von fast einem Jahr war für ihn auf dem Weg an die Olympischen Spiele in Tokio ein arger Dämpfer. Der willensstarke Mittelgewichtler arbeitete täglich hart an seinem Comeback. Dann passierte es im Training wieder. Er verletzte sich erneut am Knie und musste ein weiteres Mal unters Messer. «Da war ich schon ziemlich am Boden», sagt er, «das ganze Aufbautraining
über Monate war umsonst. Den Weg, den er mit den Ärzten und Therapeuten bestritten hatte, hält er für den richtigen. Aber das Knie hat die Belastung einfach nicht mehr ausgehalten.
Nach einer weiteren monatelangen Reha und einem langsamen Herantasten ans Ringertraining schien er ein weiteres Mal mit einem blauen Auge davongekommen zu sein.
Zweifel kamen auf
Sein Knie schmerzte zwar manchmal, doch es gab auch Momente, in denen er im harten Training schmerzfrei blieb. Aufgeben war für ihn deshalb keine Frage, wobei er anfügt: «Es gab Tage, da zweifelt ich, ob alles gut kommt.» Während dieser heiklen Phase konnte er einen tollen Support in der Ringerriege Einsiedeln und im Nationalkader geniessen. So nahm er diesen Herbst nach einem fast zweijährigen Unterbruch die Mannschaftsmeisterschaft in Angriff, zeigte tolle Kämpfe und kam immer besser in Fahrt. Eigentlich durfte er wieder mit internationalen Aufgeboten rechnen. Doch für ihn war es noch zu früh, diese Klammer wieder zu öffnen. «Ich spürte, dass ich nicht mehr da war, wo ich einmal stand. Zeitweise wirkte ich gehemmt und hatte meine Verletzungen im Hinterkopf. Um auf internationaler Ebene mithalten zu können, muss einfach alles stimmen.» Dies gab den Ausschlag, dass er einen Strich unter seine internationale Karriere zog und den Austritt aus dem Nationalkader gab. Die Beweggründe für diesen Schritt sind wohl überlegt und nachvollziehbar.
«Da ich den Ringsport nach wie vor liebe, werde ich für die Ringerriege Einsiedeln auf nationaler Ebene an den Start gehen.» Sein grösster Wunsch ist, dass die Verletzungshexe endlich von ihm absieht. Das ist ihm an dieser Stelle zu wünschen.
Yves Neyer konnte sein reichlich vorhandenes Talent wegen Verletzungen nur kurz aufblitzen lassen und es wegen erwähnter Umstände nicht wirklich ausleben. Sportverletzungen sind eben die Schattenseiten des Sports.
Werner Schönbächler