Entscheidung fiel erst im letzten Kampf, Einsiedeln – Willisau 17:21

Mit einer optimal gebildeten Mannschaftsstärke besiegte Willisau im Hinkampf um den Meistertitel Einsiedeln mit vier Punkten Differenz. Bei je fünf Einzelsiegen holten die Internationalen deutliche Siege, was letztlich den Ausschlag gegeben hat.  

W.S. Es war ein grosses Gedränge, es wurde geschwitzt, gepfiffen und geklatscht. Rund 1380 Fans verdankten den Umzug nach Rothenthurm, da die Einsiedler Sporthalle für solche Anlässe nicht geeignet ist.  Ganze Familien pilgerten in die Mehrzweckhallte – darunter sehr viele weibliche – aber auch Seniorinnen und Senioren. Dabei kamen alle in den Genuss eines spannenden Abends. Und es war laut, sehr laut. Die Fonstärke erreichte Höhen, die kaum Suva-tauglich war. Doch das kümmerte an diesem Abend niemanden. Die Fans beider Teams peitschten ihre Lieblinge mit Pauken und Gesängen nach vorn. Sie feierten die Siege vielfach mit einer Ola-Welle. Ein Gewinner war, wer Ohropax sein Eigen nennen konnte. Spannung war bis zum Schluss garantiert. Mit den in den Klubfarben gehaltenen Choreografien wurden die beiden Staffeln frenetisch empfangen. Bevor es dann endgültig losging, sangen die Zuschauer die von Anja Reichlin vorgetragene Nationalhymne insbrünstig mit.  

Einsiedeln mit Superstart

Zu Beginn liess Stone Perlungher seine Muskeln spielen und zeigte sich in glänzender Kampflaune. Er zog zum Auftakt gegen Haskid Abdul sämtliche Register seines Könnens. Mit seinen unablässig vorgetragenen Angriffen zermürbte er seinen Gegner und kam er noch vor Ablauf der Zeit bei einer 13:1-Führung zu einem Schultersieg. Für seinen starken Auftritt wurde er später zum «Fighter des Abends» auserkoren. Diesen Elan vermochte Sve Neyer wegen einer leicht lädierten Schulter im Schwergewicht gegen Delian Alishahi nicht mitzunehmen. Er geriet in der ersten Runde 3:0 in Rückstand, musste darauf weitere Punkte abgeben und verlor mit 6:0. Dann sorgte Jan Neyer für eine Überraschung. In einem über weite Strecken ausgeglichenen Duell kam er gegen Timon Zeder immer besser zurecht und lag bei Halbzeit mit 4:1 in Front.  Doch konnte der Gastringer zum 4:4 ausgleichen. In der letzten Sekunde holte Neyer noch eine Zweierwertung zum 6:4-Sieg.  Teamsenior Andrii Vyshar hatte gegen den Internationalen Samuel Scherrer wie erwartet einen schweren Stand. Der Willisauer diktierte das Geschehen und setzte ständig Nadelstiche. Er gewann vorzeitig durch technische Überlegenheit (15:0). Als dann Lars Neyer den favorisierten Ukrainer Illia Terzi von Beginn weg unter Druck setzte und ein wahres Feuerwerk von Griffen abbrannte, tobte der einheimische Anhang und trieb ihn zum 11:5-Sieg. Damit stand es bei Halbzeit 9:9 unentschieden.

Internationale gaben Ausschlag

Wer geglaubt hatte, dass sich Blatt nun zugunsten des 18-fachen Meisters wenden würde, sah sich vorerst getäuscht. Damian von Euw ging gegen Daniel Häfliger resolut ans Werk und brillierte mit herrlichen Würfen. Nach 1:14 Minuten hatte er seinen Kontrahenten mit 17:0 ausgespunktet.  Freistiler Kay Neyer musste sich für das Team im Greco opfern und gegen den Internationalen Michael Portmann antreten. Trotz einer grossen Willensleistung begann sich seine Niederlage früh abzuzeichnen. Er musste in der zweiten Runde technisch überhöht (17:2) den Kürzeren ziehen. Doch ging er trotz dieses deutlichen Verdikts mit einem Punktegewinn nicht ganz leer aus.  Andreas Burkard kreuzte die Klingen mit Mansur Mavlaev,  aktuell Dritter der U23-WM. Dabei konnte Burkard seinem übermächtigen Gegner eine Zeitlang trotzen, geriet aber bei den blitzschnell vorgetragenen Beinangriffen seines Kontrahenten zusehends in Rückstand. Mitte der zweiten Runde  musste er sich mit 16:0 geschlagen geben. Nach diesen beiden Niederlagen lag Einsiedeln mit 14:17 zurück.

Pavel Untila kam gegen den passiv eingestellten Florian Bissig nicht wie gewohnt auf Touren. Er gab wohl den Ton, konnte aber nicht entscheidend davonziehen und gewann mit 7:4.  Beim Stande von 16:18 musste die Entscheidung im letzten Duell fallen. Jan Walker kämpfte gegen den körperlich überlegenen Joel Marti mit allen Mitteln. Es gelang ihm aber nicht die 6:1-Niederlage zu verhindern.

Die Einsiedler kämpften auf dem Zahnfleisch und schlugen sich ehrenvoll. In Sachen Leidenschaft müssen sich die Einheimischen nichts vorwerfen, sie liessen sich auch bei Rückschlägen nie hängen. Der Hinkampf war eine coole Sache, die am nächsten Samstag  om Willlisau weitergehen wird.

«Es war ein toller Ringerabend. Leider konnten wir nicht an die gute erste Halbzeit anschliessen und haben bei Niederlagen einfach zu wenig oder keine Punkte geholt. Nach der Aufstellung habe ich etwas mehr erwartet», gab sich Einsiedelns Trainer Urs Bürgler nicht ganz zufrieden. «Ausschlaggebend für unseren Sieg waren die Internationalen mit ihren starken Auftritten», erklärte  sein Antipode Rolf Scherrer auf Willisauer Seite.

Viel Prominenz war da

Wer bis zum vergangenen Samstag geglaubt hatte, Ringen sei eine Randsportart, die zwar Respekt, aber keine grosse Beachtung findet, der wurde einmal mehr eines Besseren belehrt. Ein Dutzend schreibende Journalisten und Fotografen sowie die vielen Zuschauer untermauerten nämlich genau das Gegenteil. Viele Sportarten würden sich darüber die Hände reiben.  Wie speziell die Atmosphäre bei diesem Finalkampf war, belegt die Aussage eines Journalisten des «Aargauer Tagblatts», der den Einmarsch der beiden Ringerriegen mit folgenden Worten kommentierte: «Wahnsinn, was da in dieser Halle abgeht.» Es waren aber nicht ausschliesslich Anhänger dieses attraktiven Kampfsportes, welche diesen Final miterlebten. «Einen Ringer-Match wollte ich mir schon lange einmal ansehen», begründete ein Zuschauer seinen Gang nach Rothenthurm.

Kraft braucht es. Zweifellos. Aber auch Puste. Die wahren Dramen spielen sind im Gerätetraum ab. Dann, wenn die sechs Minuten im Scheinwerferlicht vor den euphorischen Fans vorbei waren. Ob Gewinner oder Verlierer – hier lagen sie alle erschöpft am Boden. Schwer schnaufend zwischen Barren und Turnmatten. Das Adrenalin hatte sie bis hier hin getragen. Jetzt aber begannen bei einigen die Schmerzen.

Viel Lob übrig

Viel Prominenz aus Politik und Sport waren in der Mehrzweckhalle anwesend. So unter anderem der Schwyzer Regierungsrat Damian Meier, Nationalrat Roman Bürgi, der Einsiedler Bezirksammann Hanspeter Egli  und die Rothenthurmer Gemeinderäte Fredi Meier sowie Marzell Reichlin. Der ehemalige Schwingerkönig Matthias Glarner führte die Schwingerprominenz mit den einheimischen Eidgenossen Martin Grab, Christian und Alex Schuler sowie Marcel Bieri und Daniel Hüsler an. Sie alle zollten der Ringerriege Einsiedeln viel Lob für die tadellose Organisation dieses Finals, der in wenigen Tagen vorbereitet werden musste. Grussbotschaften per Video überbrachten unter anderem Sängerin Beatrice Egli und Eishockeyaner Nino Niedererreiter.  Profi-Speaker Erik Schegg führte mit Bravour durch den Abend.

Resultatübersicht:

57 kg (F):         Stone Perlungher – Rashid Hotak Abdul 4:0

61 kg (G):        Jan Neyer – Timon Zeder 2:1

65 kg (F):         Lars Neyer – Illia Terzi 3:1

70 kg (G):        Kay Neyer – Michael Portmann 1:4

75 kg (F):         Pavel Unita – Florian Bissig 2:1

75 kg (G):        Jan Walker – Joel Marti 3:1

80 kg (F):         Andreas Burkard – Mansur Mavlaev 0:4

86 kg (G):        Damian von Euw – Daniel Häfliger 4:0

97 kg (F):         Andrii Vyshar – Samuel Scherrer 0:4

130 kg (G):      Sven Neyer– Delian Alishahi 0:3

1./2. Platz:      Einsiedeln – Willisau 17:21

3./4. Platz:      Freiamt – Kriessern 19:14