Kriessern – Einsiedeln 17:18, Die Zuschauer fieberten bis zuletzt mit, die Nerven lagen dabei auf beiden Seiten blank. Erst der letzte Kampf entschied für Einsiedeln. Dabei erwies sich der Bennauer Jan Walker als der rettende Engel.
W.S. Das kleine Dorf Kriessern an der Schweizergrenze pflegt schon seit Jahrzehnten Ringen und ist dank des Engagements vieler ehrenamtlicher Helfer ein Spitzenklub in der höchsten Kampfliga. «Es ist immer etwas ganz Spezielles hier zu kämpfen», sagt Einsiedelns Präsident und Schwergewichtler Sven Neyer. Die Mehrzweckhalle Kriessern bebt bei Heimkämpfen. Nichts anders war es am Samstagabend, als rund 350 Männer, Frauen und Kinder ihre Lieblinge anfeuerten. Die Stimmung wurde immer aufgeheizter, die Emotionen waren in der zweiten Halbzeit hochgekocht. Das Drehbuch hätte selbst Alfred Hitchcock nicht besser schreiben können.
Kriessern legte vor
Viele spannende Kämpfe waren über zwei Stunden garantiert. Der Abend begann für Einsiedeln gut. Leichtgewichtler Stone Perlungher gelang zum Auftakt gegen Manuel Zäch mit seinen blitzartigen Beinangriffen ein 16:0-Sieg. Sven Neyer traf auf Alem Mujanovic, einem in Einsiedler Kreisen unbekannten jungen Ringer. Neyer ging dabei keine Risiken ein. Er kämpfte taktisch richtig, führte schnell einmal und kam am Boden zu einem Schultersieg. Doch danach war das Pulver für einen Moment bei Einsiedeln verschossen. Dass River Perlungher mit dem Greco auf Kriegsfuss steht, zeigte die Begegnung gegen Kaderringer Levin Meier. Obschon er sich abrackerte, geriet er mit 6:0 in Rückstand und wurde wegen zwei verbotener Beinabwehren disqualifiziert. Ein Duell auf Augenhöhe lieferten sich Daniel Loher und Yves Neyer. Zu Beginn gab der Rheintaler den Ton an und riss die Führung an sich. Die Aufholjagd von Neyer kam zu spät. Am Ende lag Loher hauchdünn mit 5:4 vorne. Einsiedelns Habib Abdul bezog nach einer anfänglichen Führung gegen Dominik Laritz kurz vor Kampfende eine Schulterniederlage und damit die Höchststrafe. Einsiedeln lag Einsiedeln mit 9:10 in Schieflage, was im Ringen aber nicht allzuviel bedeutet. Entgegen den Erwartungen lief aber für Einsiedeln nicht alles rund.
Einsiedelns grandioser Schlussspurt
Dass dieser Rivalenkampf schon seit langem seine eigenen Gesetze hat, war in den nächsten Duellen zu sehen. In der Klasse bis 86 Kilogramm sorgte Artemi Utochkin, amtierender Greco-Schweizermeister, für weitere Glücksgefühle bei seinen Anhängern. Einmal in Führung liegend, liess er sich von Sascha Schmid die Butter nicht mehr vom Brot nehmen und gewann mit 10:0. Im Gewicht bis 70 Kilo griechisch-römisch rang Sulayman Quaraishi gegen den einstigen Internationalen Dimitar Sandov taktisch gut. Er machte er es seinem übermächtigen Gegner nicht leicht und hielt die Niederlage mit 9:0 in Grenzen. Pavel Unita zeigte einen tollen Kampf. Er liess Tobias Betschart mit seiner ausgezeichneten Technik keine Chance und holte anfangs der zweiten Runde einen technisch überhöhten Sieg, ohne dabei einen Punkt abzugeben. Damit konnte Einsiedeln vor den beiden letzten Kämpfen wieder Hoffnung schöpfen. Kay Neyer erabeitete sich bald einmal einen Vorsprung und knöpfte dem unbequemen Sandro Hungerbühler immer wieder Punkte ab. Mit einem 10:0 konnte er zum 16:16 augleichen, so dass die Entscheidung über Sieg oder Niederlage im letzten Duell zwischen Jan Walker und Dorien Hutter fallen musste. Nachdem der Heimringer in der ersten Runde mit 5:0 vorne lag, deutete vieles auf einen Sieg von Kriessern hin. Doch Walker liess all seine Kräfte an seinem Gegner aus, holte Punkt für Punkt auf und gewann mit 7:5. So endete dieser spannende Rivalenkampf mit 18:17 für Einsiedeln. Walker kam im dritten NLA-Duell gegen Hutter zu seinem ersten Sieg. Mit diesem Endergebnis war nach einem vorübergehenden Rückstand nicht mehr zu rechnen. Die Einsiedler mussten diesen hauchdünnen Erfolg hart erkämpfen – ja richtiggehend erdauern. Einsiedeln war am Schluss das etwas glücklichere von zwei gleichwertigen Teams. Beide hatte je fünf Siege auf ihrem Konto. Trainer Urs Bürgler lobte nach Kampfende die Leistung seiner Ringer. «Selbst als Kriessern in der zweiten Hälfte deutlich vorne lag, konnten wir die Begegnung wieder an uns nehmen. Es war ein cooler Fight, den wir gewonnen haben. Wir werden aus unseren Fehlern sicher noch lernen. Gegen dieses Team so aufzutreten, war ganz stark. Die komplette Mannschaft ist an die Schmergrenze gegangen und zeigte eine geschlossene Mannschaftsleistung.» Als die Begegnung zu drohen kippte, konnte das Team das Blatt gerade noch rechtzeitig wenden.
Wieder ins Rheintal
Am nächsten Samstagabend gastiert Einsiedeln in der dritten Runde in Oberriet. Dass sich die Rheintaler gegenüber den letzten Jahren zu steigern vermochten, unterstreicht ihr Start mit je einem Sieg und einer Niederlage. Das Team erweist sich mit seiner Ausgeglichenheit in den zehn Gewichten für jeden Gegner als eine schwierige Hürde. Die Mannschaftsaufstellung wird über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Resultatüberblick:
57 kg (F): Manuel Zäch – Stone Perlungher 0:4
61 kg (G): Levin Meier – River Perlungher 4:0
65 kg (F): Dominik Laritz – Habib Abdul Ayar 4:0
70 kg (G): Dimitar Sandov – Sulayman Quaraihsi 3:0
75 kg (F): Sandro Hungerbühler – Kay Neyer 0:3
75 kg (G): Dorien Hutter – Jan Walker 1:2
80 kg (F): Tobias Betschart – Pavel Unita 0:4
86 kg (G): Artemi Utochkin – Sascha Schmid 3:0
97 kg (F): Daniel Loher – Neyer Yves 2:1
130 kg (G): Alem Mujanovic – Sven Neyer 0:4
(F=Freistil; G=griechisch-römisch)
Kriessern – Einsiedeln 17:18
Schattdorf – Oberriet 13:22
Willisau – Freiamt 23:12
Tabelle: 1. Einsiedeln, 4 P., 2. Willisau, 4 P., 3. Oberriet, 2 P., 4. Freiamt, 2 P., 5. Kriessern 0 P., 6. Schattdorf, 0 P.
Werner Schönbächler

