Swiss Winforce League: Schattdorf – Einsiedeln 17:18

Schattdorf und Einsiedeln liefern sich einen Ringer-Krimi

Die Ringerriege Einsiedeln kam bei seinem Angstgegner zu einem 17:18 Auswärtssieg. Dazu brauchte sie aber das nötige Quäntchen Glück und am Schluss Jan Neyer, der Nerven wie Drahtseile hatte.  Damit verschafft sich das Team Luft nach hinten und kann um die Play-off-Plätze mitreden.

W.S. Am Samstagabend fand das Innerschweizer Ringerderby zwischen den beiden ebenbürtigen Teams Schattdorf und Einsiedeln  statt. Nachdem die Einsiedler in Vorrunde deutlich unterlagen, hatte sie diesmal die Nase vorne. Die Geschehnisse erinnern stark ans letzte Jahr, als Einsieden ebenfalls im Rückkampf die Wende erzwingen konnten und sich damit die Play-offs sicherte. Wenn der Speaker die Zuschauer bereits fünfzehn Minuten vor dem Beginn zum Zusammenrücken bittet und weitere Bänke aufgestellt werden müssen, dann ist eine besondere Partie angesagt. 400 Zuschauer waren in die prallgefüllte, altehrwürdige Turnhalle von Schattdorf gekommen, um sich dieses brisante Duell anzusehen. Die, die kamen, bereuten es nicht. Manchmal lohnt es sich eben dabei zu sein. Die beiden Teams lieferten sich einen nervenaufreibenden Abnützungskampf. Kurzum: Das Publikum sah Abenteuer-Ringen ohne Kompromisse.   «Es war ein toller Mannschaftskampf. Das Team hat gezeigt, dass es gewinnen will und letztlich auch noch kann. Zudem hatten wir diesmal etwas mehr Glück als in der Vorrunde», sagte Einsiedelns Trainer Urs Bürgler nach dem Sieg. Allerdings musste es sich den Erfolg gegen Schattdorf mehr als hart erkämpfen.

Knappe Führung

Unterstützt vom zahlreichen eigenen Anhang fighteten die Einsiedler um jeden Zähler. Im Leichtgewicht lieferten sich Thomas Epp und Dany Kälin ein packendes Duell. Kälin zeigte den besten Kampf in dieser Saison und führte nach der ersten Hälfte mit 5:0. Er agierte weiter klug und landete einen 5:3-Sieg.  Nachdem der Kampfrichter Elias Kempf im Schwergewicht zum mehr Aktivität aufforderte, konnte Einsiedelns Austauschringer Andrii Vishar herrliche Aktionen zur Führung nutzen und kam bald einmal zu einem technisch überhöhten Sieg. Was für ein Auftakt! Ausgeglichen gestaltete sich anfänglich der Kampf zwischen Lars Neyer und dem höher eingestuften Simon Gehrig. Dem Heimringer gelang es, sich letztlich mit 12:7 durchzusetzen. Sein älterer Bruder Sven Neyer, der eine Weiterausbildung macht und im Sport  derzeit etwas zurückstecken muss, konnte die Begegnung gegen Michael Jauch in der der ersten Runde noch offen gestalten, doch kam der Urner immer besser Fahrt und mit einem Hüfter zu einem Schultersieg. Im letzten Duell vor der Pause brachte Michel Schönbächler mit seinen wuchtigen Aushebern Sven Gamma bald einmal in arge Bedrängnis und holte einen 12:0-Sieg. Damit lag Einsiedeln bei Halbzeit hauchdünn mit 8:10 vorne. Für seine spektakulären Würfe wurde er von einer Fachjury «zum Ringer des Abends» auserkoren und erwies sich ein weiteres Mal als wichtiges Trumpf-Ass für sein Team. Er ist einer der ganz wenigen Ringer, die in beiden Stilarten vorne mithalten können.

Diese Schlussphase

Gleich im ersten Fight gab es Schwerstarbeit für Andreas Burkard. Etwas leichtfertig liess er in der ersten Runde vier Punkte liegen, hielt aber mit einer Zweierwertung den Schaden in Grenzen.  Auch die nächste Paarung riss besonders den Einsiedler Anhang von den Sitzen. Adrian Mazan ging in der ersten drei Minuten viel Risiko ein, führte bald einmal mit 9:0 und hatte Renato Kempf jederzeit im Griff. Danach liess er nichts mehr anbrennen und brachte einen 10:0-Sieg in trockene Tücher. Doch die Antwort Schattdorfs kam postwendend. Der Internationale Nicolas Christen setzte Mathias Käser sofort unter Druck und holte so die ersten Punkte. Obschon Käser stark entgegenhielt, konnte er die Niederlage nicht mehr abwenden.  Yves Müllhaupt lieferte einen taktisch klugen Fight ab. Er punktete bald einmal und liess Mateo Dodos lange Zeit keine Wertung zu. Alles Anrennen half dem unsauber kämpfenden Urner, der für seine Kopfstösse und weitere verbotene Griffe zurecht verwarnt wurde, nicht viel. Beim Stande von 6:2 setzte Müllhaupt zu einem Souplesse an. Mit dieses Viererwertung hielt er Einsiedeln im Rennen.  Vor dem letzten Kampf stand es 15:17 für Einsiedeln. Nun hing alles von Jan Neyer ab.  Ein steter Kampf zwischen Schweizermeister Kim Besse und Jan Neyer hielt die Spannung bis zum Schluss hoch. Es war eine Dramatik, die kaum mehr zu überbieten war. Der Walliser Austauschringer biss sich bei Neyer die Zähne aus, ging in Führung und schien in der zweiten Runde allmählich Oberhand zu bekommen. Doch zwanzig Sekunden vor Schluss holte Neyer eine Zweierwertung und damit den wichtigen Punkt für den Mannschaftssieg.  

Nach der Negativspirale konnte Einsiedeln am Ende jubeln. Es gab bemerkenswerte Sachen für Einsiedeln in diesem nervenaufreibenden Derby. «Wir haben Charakter, Moral und Zusammenhalt gezeigt», lobt Urs Bürgler die Leistung seiner Ringer. «Mit diesem Teamspirit wollen wir auch die nächsten Partien in Angriff nehmen.»

 «Es ist fast alles für uns aufgegangen», bilanzierte Bürgler. Wie ihm dürfte es den meisten Zuschauern ergangen sein. So einen Match erlebt man höchst selten. Die beiden Teams lieferten sich einen Schlagabtausch ohne taktisches Geplänkel, mehrheitlich ohne defensiven Vorsichtsmassnahmen – und vor allem ohne Rücksicht auf die Nerven der Fans. Kurzum: die 400 Zuschauer im Tollhaus Grundmatte in Schattdorf sahen eine äusserste turbulente Partie. Das war beste Werbung für den Schweizer Ringsport und hätte eigentlich zwei Sieger verdient.

 

Resultatübersicht:

57 kg:          Thomas Epp – Dany Kälin 1:2

61 kg:          Simon Gehrig – Lars Neyer 3:1

65 kg:          Sven Gamma – Michel Schönbächler 0:3

70 kg:          Renato Kempf – Adrian Mazan 0:3

74 kg:          Mateo Dodos – Yves Müllhaupt 1:3

74 kg:          Kim Besse – Jan Neyer 3:1

79 kg:          Nicolas Christen – Mathias Käser 4:0

86 kg:          Tanguy Darbellay – Andreas Burkhard 2:1

97 kg:          Michael Jauch – Sven Neyer 4:0

130 kg:        Elias Kempf – Andrii Vishar 0:4

 

Schattdorf – Einsiedeln 17:18

Freiamt – Kriessern 20:17

Hergiswil – Willisau 18:20

 

Tabelle:

  1. Willisau 12 P., 2. Freiamt 9 P., 3. Einsiedeln 8 P., 4. Kriessern 7 P., 5. Schattdorf 4 P., 6. Hergiswil 2 P.

 

Nach Pause gegen Kriessern

W.S. Da in Budapest in der nächsten Woche die Weltmeisterschaft ausgetragen werden, erfährt die Mannschaftsmeisterschaft einen zweiwöchigen Unterbruch. Als nächster Gegner gastiert der amtierende Meister Kriessern in der Sporthalle Brüel. Dieses Duell steht unter brisanten Vorzeichen. Zum einen sind die beiden Teams Tabellennachbarn und zum andern kam Einsiedeln in der Vorrunde zu einem sensationellen Sieg. Während Kriessern Revanche angesagt hat, will Einsiedeln seinen guten Lauf fortsetzen.

 

Nachträglicher Sieg für Einsiedeln

Der Rekurs von Freiamt, dass Willisaus bulgarischer Austauschringer Delia Alishani vom Team Valais (ehemals Martigny) bei seinen Einsätzen nicht über die entsprechenden «Papiere» verfügte, um in den Schweizer Ligen ringen zu können, wurde gutgeheissen. Damit werden seine drei in der NLA gewonnenen Kämpfe als Forfait-Niederlagen gewertet. Grosser Profiteur ist die Ringerriege Einsiedeln, die damit die Partie gegen Willisau nachträglich mit 16:17 gewinnt. Der knappe 4:1-Sieg von Alishani wird in einen Sieg (4:0) von Yves Neyer umgewandelt. Entscheide am Grünen Tisch sind immer unerfreulich und nicht im Sinne des Sports. Den Einsiedler Ringern wäre es lieber gewesen, wenn nur die Punkte auf der Matte eine Rolle zählen würden. Doch gibt es eben auch ein Recht. Der Fehler wurde letztlich von den Klubs gemacht.

 

 

Werner Schönbächler